10 Fragen – 10 Antworten

Ron Kuleßa antwortet auf 10 der meistgestellten Fragen zur Cranio-Sacral-Therapie

In Ihren Fachvorträgen präsentieren Sie Beispiele von Heilerfolgen bei Beschwerden an Wirbelsäule und Gelenken, im Hals-Nasen-Ohrenbereich, im endokrinen System, bei chronischen Schmerzen, bei Deformierungen des kindlichen Schädels, darüberhinaus bei psychosomatischen Beschwerden und multifaktorellen Geschehen. Das ist ein unglaublich breites Anwendungsspektrum. Und das geht alles durch Beeinflussung des Cranio-Sacralen Systems?

Die Cranio-Sacral-Therapie ist eine sehr umfangreiche Methode. Wir arbeiten nicht nur am Cranio-Sacralen System, sondern am gesamten Körper.

Warum heißt es dann Cranio-Sacral-Therapie?

Vor ca. 100 Jahren entdeckte William Garner Sutherland, dass der Bereich zwischen Schädel und Kreuzbein (mit seinen innenliegenden Strukturen) eine besondere Rolle für die Gesundheit des Menschen spielt. Von den lateinischen Bezeichnungen „Cranium“ für Schädel und „Sacrum“ für Kreuzbein leitet sich „Cranio-Sacral“ ab.

Und wie kommt der Rest des Körpers ins Spiel?

Sutherland und seine Nachfolger entwickelten eine besondere, vollkommen eigenständige Art und Weise, das Cranio-Sacrale System zu behandeln. Es stellte sich heraus, dass man damit auch andere Körpersysteme effektiv und nachhaltig behandeln kann. Darum wenden wir sie heute auf den gesamten Körper an.

Die Cranio-Sacral-Therapie ist also nicht mit der cranio-sacralen Osteopathie gleichzusetzen?

Leider führen die ähnlich klingenden Begriffe häufig zu einer unzulässigen Gleichsetzung. Die cranio-sacrale Osteopathie ist lediglich ein Teilgebiet der klassischen Osteopathie. Die Cranio-Sacral-Therapie ist eine vollständige, in sich stimmige Methode.

Die Cranio-Sacral-Therapie umfasst also einen mit der klassischen Osteopathie vergleichbaren Leistungsumfang?

Genaugenommen umfasst sie noch mehr. Die Cranio-Sacral-Therapie beinhaltet zusätzlich eine somato-emotionale Komponente. Sie beleuchtet die Zusammenhänge zwischen körperlicher und geistig-seelischer Ebene. Das erlaubt uns die Behandlung psychosomatischer Beschwerden.

Die Ausbildung in Cranio-Sacral-Therapie ist lediglich halb so lang wie die Ausbildung in klassischer Osteopathie. Wie geht das?

Durch unsere besondere Art und Weise der Behandlung brauchen wir sehr viel weniger Techniken. Die klassische Osteopathie hat z.B. acht Grundtechniken zur Beeinflussung des Kreuzbeins. Wir haben zwei.

Wie kann man mit 2 Techniken das gleiche machen wie mit 8?

Wir machen nicht das gleiche. Cranio-Sacral-Therapie und Osteopathie sind verwandt, unterscheiden sich jedoch in der Art und Weise der Behandlung.

Cranio-Sacral-Therapeuten arbeiten weniger an den körperlichen Strukturen selbst. Wir arbeiten auf einer Ebene, die die körperlichen Strukturen reguliert.

Und was genau machen Sie da?

Wir praktizieren in der Cranio-Sacral-Therapie eine ganz besondere Art und Weise des Kontaktes. Sie können sich unseren besonderen Kontakt wie ein empathisches Zuhören auf körperlicher Ebene vorstellen. Die meisten Menschen sind bei ihrer ersten Behandlung erstaunt, dass es einen Kontakt solcher Art überhaupt gibt.

Noch erstaunlicher ist, welche körperlichen Reaktionen unser cranio-sacraler Kontakt hervorrufen kann. Beispielsweise können Körperteile mit Ausgleichsbewegungen antworten, Gewebe pulsieren, verhärtete Stellen ins Fließen kommen usw. usw.

All das sind Anzeichen, dass die immanente Autoregulation aktiviert wurde. Sie wohnt jedem lebendigen Organismus inne. John Upledger prägte dafür die bildliche Bezeichnung „innerer Arzt“.

Dieser innere Arzt ermöglicht therapeutische Wirkungen auf Basis körpereigener Mechanismen. Sie können präziser, tiefgreifender und nachhaltiger sein als alles, was wir von außen einbringen könnten.

Mein Ziel als Cranio-Sacral-Therapeut ist es, mit diesem inneren Arzt zusammenzuarbeiten. Und das hat einen erstaunlichen Effekt: Er beginnt, mit mir zusammenzuarbeiten.

Das klingt interessant und ist gleichzeitig schwer vorstellbar…

Wir sind es von anderen Heilungsmethoden gewöhnt, dass von außen Veränderungen am Körper vorgenommen werden, um gesundheitliche Wirkungen zu erzielen. Die Cranio-Sacral-Therapie verfolgt ein anderes, vollkommen eigenständiges Heilungskonzept.

Hierin liegt ihr großes Potenzial. Doch es stellt eine Herausforderung für unser Denken dar.

Wie funktioniert das mit dem cranio-sacralen Kontakt?

Stellen Sie sich z.B. vor, dass Ihnen jemand zur Begrüßung die Hand gibt. Es löst vollkommen andere Emotionen in Ihnen aus, ob der Händedruck angenehm fest und bestimmt ist oder ob er labberig-schlüpfrig und ambivalent ist. Diese Emotionen (so oder so) ziehen eine spezifische Reaktion Ihres Nervensystems nach sich, das wiederum Ihre Muskelspannung und Ihr hormonelles Gleichgewicht beeinflusst. In der Folge werden Ihre Körperhaltung, Ihr Blutdruck und Puls und Ihr Stoffwechsel beeinflusst usw.usw.

Das ist ein sehr einfaches Beispiel, das keines besonderen Wissens und Könnens bedarf. Wenn ich die physiologischen Vorgänge bei bestimmten Arten des Kontaktes verstehe und ihren Einfluss auf körperliche Vorgänge kenne, kann ich auf diesem Wege den gesamten Körper beeinflussen. Gleichzeitig kann ich als Behandler aus den subtilen körperlichen Reaktionen, die ich spüren kann, diagnostische Rückschlüsse ziehen.

Wenn das für Sie immer noch utopisch klingt, nehmen Sie einfach an einem Schnuppertag teil. Unter Anleitung können Sie erste Schritte auf dem Gebiet der Cranio-Sacral-Therapie gehen. Dabei können Sie selbst die Veränderungen wahrnehmen, die sich durch die Behandlung mit Ihren eigenen Händen ergeben.

Spüren Sie, dann wissen Sie.